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Die bewegte Geschichte der Marienkapelle

    Ludwigsstadt feiert am 2. Juni sein 750-jähriges Bestehen. Dann kann man auch das älteste Bauwerk der Stadt besuchen. Viele Geschichten liegen dort verborgen.

    Ludwigsstadt – Die Marienkapelle ist alt. Sehr alt. Um das älteste Bauwerk der Stadt ranken sich viele Geschichten und Legenden. Die Mitglieder der Marienkapelle-Arbeitsgemeinschaft kümmern heute sich um das Gebäude und laden die Bevölkerung immer wieder zu einem Besuch ein. Auch während der Feiern zum 750-jährigen Bestehen der Stadt Ludwigsstadt am Sonntag, 2. Juni, ist das möglich.

    Die „Marienkapelle“ hat ein bewegtes Leben hinter sich. Schriftliche Quellen überliefern, dass sie im ausgehenden 15. Jahrhundert, also in den Jahren 1487/88, als aufstrebender Bau auf einem Vorgängerbau, dessen Fundamente im westlichen Teil erhalten blieben, errichtet wurde. Ob die „Marienkapelle“ einmal eine der Gottesmutter geweihte Kapelle war, konnte bisher wissenschaftlich nicht nachgewiesen werden.

    Erst im Jahre 1988 wurde überhaupt damit begonnen, durch archäologische Grabungen herauszufinden, wofür die Marienkapelle ursprünglich gebaut wurde. Einen eindeutigen Beweis, der für eine Verwendung als Gotteshaus gesprochen hätte, fand man dabei jedoch nicht. Die Grabungen müssen nicht sehr gründlich durchgeführt worden sein, denn später ist über der Eingangstüre unter der Putzschicht eine zugemauerte Öffnung zum Vorschein gekommen.

    Bei einer näheren Untersuchung wurde festgestellt, dass es sich bei der etwa einen Meter hohen Öffnung um eine Nische und nicht um einen Durchbruch handelte. Die Nische war sauber mit Kalkmörtel ausgeputzt und einfach mit Bruchsteinen und Lehm zugemauert.

    Vielleicht ist diese Nische ja der bislang fehlende Hinweis auf eine ehemalige sakrale Nutzung des Bauwerks. Dort hätte sich früher eine Madonnenfigur oder ein anderes religiöses Standbild befinden können. Sicher sagen lässt sich das aber nicht. Eine wichtige Entdeckung hat man aber bei den Untersuchungen doch herausgefunden: Einer der Deckenbalken war eine Tanne, die im Winter 1487/88 gefällt wurde.Die Mauern der Marienkapelle dienten in all den Jahrhunderten den unterschiedlichsten Verwendungszwecken:

    Es war Wirtshaus, ein Armenhaus, ein Hospital – bis das Gemäuer schließlich 1762 in Privatbesitz überging. Ab 1789 diente es dem neuen Besitzer dann als Schmiede und Wohnhaus. Fast zwei Jahrhunderte lang wurde das Gebäude letztendlich als Schmiede genutzt. Alten Berichten zufolge lebte dort der Nagelschmied Meinhardt zusammen mit seiner Familie. Beschrieben wird der „alte Meinhardt“ als hager und klein, oft fluchend und schimpfend. Wenn es gerade nichts zu tun gab, sei Meinhardt in einer der Fensternischen gestanden und hätte hinaus auf das Treiben auf der Straße geblickt.

    Das Leben damals sei rau gewesen: Unten in der Schmiede sei alles rußig, ölig und schwarz gewesen, dazu die Gerüche von der Esse und die Klänge von den lauten Schlägen auf den Amboss. Vor der Türe seien die Pferde beschlagen worden. Der strenge Geruch von verbranntem Horn gehörte auch dazu.

    Schmid Meinhardt war wohl kein zartbesaiteter Mann. Ganz im Gegensatz zu seiner Frau: Rosa Meinhardt beschied man ein warmherziges, gütiges Wesen. Mütterlich sei sie gewesen, mit Sinn für die schönen Dinge und sehr der Kunst zugewandt.

    Sehr zum Missfallen ihres Mannes. Dieser wollte sie lieber beim Arbeiten sehen. Gedichte schreiben oder „sonstiger Unfug“ wollten nicht in seine Welt passen. So dichtete sie heimlich, beispielsweise beim Mistfahren.

    Benutzt habe sie dafür den Zeitungsrand, denn Papier sei zu teuer und kostbar gewesen – und so ließ sich das auch besser vor ihrem Mann verbergen. Lediglich für die Nachbarn fertigte sie bei besonderen Anlässen Auftragsgedichte an. Gegen einen kleinen Obolus konnte sie diese dann verkaufen.

    Vieles davon ist vergangen, auch der Schmied und seine Frau, die Heimatdichterin, sind inzwischen zur Geschichte geworden. Die Geologisch- Heimatkundliche Arbeitsgemeinschaft in Ludwigsstadt hat noch rechtzeitig viele von Rosa Meinhardts Gedichten gesammelt und in Büchern abgedruckt.

     

    750 Jahre Ludwigsstadt

    Ludwigsstadt feiert am Sonntag, 2. Juni, seine 750-Jahr-Feier. Die Marienkapelle- Arbeitsgemeinschaft öffnet die Kapelle immer zu den Markttagen. Die Mitarbeiter verkaufen geschenkte Waren, arbeiten ehrenamtlich und spenden den gesamten Verkaufserlös sozialen Einrichtungen. Besonders in der Vorweihnachtszeit und an bestimmten Markttagen, oder wie zum aktuellen 750-Jahr-Markt am 2. Juni, wird die Türe wieder offen stehen. Besucher dürfen sich umsehen, sich informieren und an alte Zeiten erinnern. In Rosas Wohnstube im ersten Stock werden am Sonntag von 14 bis 15 Uhr Gedichte gelesen. Auch kann der Gedichtband „ Mein kleines Buch“ mit Gedichten von Rosa Meinhardt zum Preis von fünf Euro erworben werden. Im unteren Teil der Kapelle, also in der ehemaligen Schmiede, gibt es viele Dinge aus vergangenen Zeiten zu kaufen. Der Erlös ist wieder für Kinderwaisenhäuser und den Diakonieverein bestimmt.

    Repro: ©Siegfried Scheidig Das Bild zeigt die Marienkapelle im Jahr 1925, aus dem Fenster blickt Rosa Meinhardt, die Ludwigsstadter Heimatdichterin. Repro: Siegfried Scheidig
    Repro: ©Siegfried Scheidig Das Bild zeigt die Marienkapelle im Jahr 1925, aus dem Fenster blickt Rosa Meinhardt, die Ludwigsstadter Heimatdichterin. Repro: Siegfried Scheidig
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